Firmengeschichte
Firmenportrait: Wie alles anfing …
Johann Andreas Mollenhauer 1798–1871
(Firmengründer)
Die Geschichte des Markennamens MOLLENHAUER beginnt im Jahre 1822 mit einem kulturellen Impuls, der mit Johann Andreas Mollenhauer (1798–1871) seinen Anfang genommen hat und durch mehrere Generationen bis auf den heutigen Tag nachhaltig lebt und webt.
Wenn im vorliegenden Report in erster Linie Persönlichkeiten der Familie Mollenhauer genannt werden, so stehen diese stellvertretend für viele Männer und Frauen – Handwerker, Kaufleute, Musiker und Musikpädagogen –, die sich mit dieser Familie auf verschiedene Arten verbunden fühlen und ebenfalls von diesem Impuls entzündet, diesen verantwortungsvoll über nahezu zwei Jahrhunderte hinweg mitgetragen haben.
Der Name Mollenhauer verweist, wie viele andere Familiennamen, auf einen Beruf: Der Mollen- oder Muldenhauer stellte hölzerne Tröge und Kornschaufeln her – er haute Mulden. Solche Mulden wurden von Bäckern, Metzgern etc. und auch in den Haushalten zum Bereiten von Teig, Brät und ähnlichen Massen benutzt.
Die Familie des Firmengründers hatte allerdings mit dem Handwerk des Muldenhauers schon lange nichts mehr zu tun, als dieser 1815 im Alter von 16 Jahren im Rahmen seiner Ausbildung als Drechsler und Uhrmacher von seiner Heimatstadt Fulda aus auf Wanderschaft aufbrach.
Auf Wanderschaft
Wie aus seinem bis heute erhaltenen Wanderbuch hervorgeht, verdingte sich Johann Andreas Mollenhauer insbesondere bei Holz- und Blechblasinstrumentenmachern, um sich auf dem Fachgebiet des jeweiligen Meisters kundig zu machen. Dies waren z. B. Carl Doke in Linz, zu dem er auf seiner Wanderung mehrfach zurückkehrte, Thumhard in München, oder Franz Schöllnast in Bratislava, damals Hauptstadt des Königreichs Ungarn, heute auch unter dem deutschen Namen Pressburg bekannt und Hauptstadt der Slowakei. So war etwa Franz Schöllnast ein bemerkenswerter Csakanbauer.
Nach gut sieben Jahren und mehr als viertausend Kilometern Wegstrecke kehrte Johann Andreas im Herbst 1822 in seine Heimatstadt Fulda zurück,um dort noch im gleichen Jahr sein Gewerbe als Instrumentenmacher anzumelden. Bereits ein Jahr später stellte er auf einer Ausstellung in Kassel seine ersten Flöten, Klarinetten und Oboen vor. Das Preisgericht unter der Leitung von Hofkapellmeister/Komponist Louis Spohr kam in seiner Beurteilung zu folgendem Ergebnis:
„Die Arbeit ist in allen drei Instrumenten gleich vorzüglich, sowohl im Holz, als auch in Messing und Silber....“
Wenige Jahre darauf ernannte der Kurfürst von Hessen den so gelobten Handwerker zum Hofinstrumentenmacher. In seinen Geschäftsbüchern, die sich bis zum Jahre 1828 zurückverfolgen lassen, sind bis 1871, dem Jahr seines Todes, insgesamt 5559 verkaufte Instrumente aufgezeichnet, und zwar: „2422 Flöten, dazu 24 Csakane und 17 Flageoletts (davon 2 Doppelflageoletts), 2839 Klarinetten, 216 Fagotte, 37 Oboen und 4 Bassetthörner“ (siehe Mollenhauer, Otto: Chronik der Firma J. Mollenhauer & Söhne Fulda, Fulda 1993). Auch verschiedene Blechblasinstrumente finden wir in den Büchern notiert. Sein Kundenkreis reichte weit über die deutschen Grenzen hinaus bis nach Amerika.
Alle diese Instrumente konnte Johann Andreas kaum allein gebaut haben. In erster Linie wirkten wohl drei seiner Söhne dabei mit, von denen die beiden ältesten später eigene Werkstätten eröffneten – Valentin Mollenhauer als Blechblasinstrumentenmacher in Fulda und Gustav Mollenhauer als Holz- und Blechblasinstrumentenmacher in Kassel. Diese Kasseler Werkstatt ist heute insbesondere durch Doppelrohrblattinstrumente bekannt und seit drei Generationen im Besitz der Familie Schaub.
In seinem dritten Sohn Thomas Mollenhauer (1840–1914) fand der Firmengründer einen vielseitig begabten Nachfolger der Fuldaer Werkstatt J. Mollenhauer & Söhne. Dieser suchte nach der Ausbildung im väterlichen Betrieb seine Kenntnisse ebenfalls in der Fremde zu erweitern.
Thomas Mollenhauer
1840–1914
Die Böhm’sche Flöte
Für alles Neue im Musikinstrumentenbau aufgeschlossen, lernte Thomas von 1863 bis 1864 bei Theobald Böhm in München die neu entwickelte zylindrische Flöte kennen und deren kompliziertes Klappensystem zu bauen. Nach diesem Jahr kehrte er nach Fulda zurück, blieb aber mit seinem Münchner Meister weiterhin freundschaftlich verbunden. Bald darauf lieferte Thomas Mollenhauer seine erste „Böhm’sche Flöte“ nach Amerika. Dem Böhm’schen System folgend, entwickelte er eine Altflöte und verbesserte auf Anraten des Erfinders selbst erfolgreich dessen Piccolo. Theobald Böhm, der zunächst mit der Anerkennung seiner neuen Flötenkonstruktion einen schweren Stand hatte, äußerte in einem Brief (s. Sammlung Mollenhauer) vom 24. August 1878 an den jungen Mollenhauer seine Freude über dessen Geschäftstätigkeit zugunsten der Verbreitung seiner Erfindung.
„Thomas beschränkte seine Tätigkeit aber nicht nur auf den Flötenbau“, wie eine liebevoll zusammengetragene, ausführliche Firmenchronik seines Enkels Otto Mollenhauer (1920–2011) zu würdigen weiß: „Eine ungeheure Energie und Arbeitsfreude muss gerade in diesen frühen Berufsjahren in ihm gesteckt haben. So begann er, die beim Flötenbau gewonnen Erfahrungen auf die Klarinette zu übertragen. Bereits 1867 – er war gerade 27 Jahre alt – präsentierte er auf der Pariser Weltausstellung seine von ihm neu konstruierte Klarinette ‚System Thomas Mollenhauer’, ein Instrument mit vollkommen gedeckten Klappenlöchern und einem aufwendigen Klappenmechanismus."
Aber auch andere Neukonstruktionen wurden bekannt, so z. B. eine der U-Form des Fagotts nachempfundene Bass-Klarinette für die Marschmusik; des weiteren die so genannte „Deutsche Normalklarinette“ oder verschiedene Querflöten nach dem verbesserten Böhm’schen System.
Diverse Auszeichnungen und Medaillen aus Paris (1867), Wittenberg (1869), Wien (1873) und Berlin (1898) zeugen vom großen Ansehen der Instrumente aus der damaligen Mollenhauer-Werkstatt mit ihren rund zehn kunstfertigen Mitarbeitern.
Der wirtschaftliche Aufschwung seines Geschäftes ermöglichte Thomas im Jahre 1892 den Umzug aus seiner kleinen Werkstatt in der Vorstadt in ein weit größeres Gebäude in zentraler Lage Fuldas, wo zugleich Werkstatt, Musikinstrumentenfachhandel und Familie genügend Platz fanden.
Diese Erfolge konnten auch von Thomas’ Söhnen Josef (1875–1964) und Conrad Mollenhauer (1876–1943) fortgesetzt werden. Beide hatten sich zunächst im elterlichen Betrieb ausbilden lassen. Josef vergrößerte danach sein Können u. a. beim Fagotthersteller Heckel in Wiesbaden/Biebrich, während sein Bruder Conrad in Berlin bei E. Rittershausen, einem Flötenbauer, hinzu lernte. Von dort aus besuchte er einige Werkstätten in Markneukirchen im Vogtland. Hier galt sein Interesse der Instrumentenherstellung in großen Stückzahlen in Heimarbeit bzw. mit industriellen Arbeitstechniken und zu entsprechend günstigen Preisen. Um neben einer starken französischen, britischen und amerikanischen Konkurrenz, die sich solcher Herstellungsverfahren bediente, weiterhin existieren zu können, schien es den Brüdern nach ihrer Rückkehr in die väterliche Werkstatt geboten, die Herstellung grundlegend zu modernisieren. Außerdem spezialisierte sich Conrad Mollenhauer – als leidenschaftlicher Flötenspieler – auf den Bau von Böhmflöten und Piccolos, während sein Bruder Josef sich verstärkt dem Bau von Klarinetten und Trompeten widmete.
Joseph Nicolaus Mollenhauer
1875–1964
Conrad Adalbert Mollenhauer
1876–1943
Gold aus Amerika
Mit dieser Entscheidung behielten die Brüder recht. Als ihre Flöten auf der Weltausstellung 1904 im amerikanischen St. Louis mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurden, stand ihnen auch der amerikanische Markt offen.
Die Zusammenarbeit der beiden Instrumentenbauer war allerdings nicht von großer Dauer: Im Jahre 1912 löste sich Conrad Mollenhauer aus dem Unternehmen, das noch heute, fast hundert Jahre später, als Musikfachgeschäft unter dem alten Firmennamen J. Mollenhauer erfolgreich fortbesteht, und eröffnete unter seinem Namen eine eigene Flötenwerkstatt.
Schon zwei Jahre darauf zerstörte der erste Weltkrieg die bis dahin mühevoll aufgebauten geschäftlichen Verbindungen in alle Welt. Die Not der Nachkriegszeit und die Weltwirtschaftskrise im Jahr 1928 bestimmten in der Folge das Tagesgeschehen. In den wenigen Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs nach 1933 beschäftigte Conrad Mollenhauer zwar wieder mehrere Mitarbeiter, unter denen sich auch sein ältester Sohn Thomas befand, der 1934 die Meisterprüfung ablegte. Doch im Verlauf der nationalsozialistischen Diktatur verlor das Unternehmen rasch an seiner zuvor weltweiten Bedeutung.
Neubeginn mit der Blockflöte
Gleichsam in einer Rückbesinnung auf die Instrumente seiner Vorväter ergriff Thomas Mollenhauer (1908–1953) unmittelbar nach Ende des zweiten Weltkriegs geschickt die Initiative und begann mit der Herstellung von Blockflöten. Auch den Querflötenbau seines während des Krieges verstorbenen Vaters setzte er in der väterlichen Werkstatt fort, die er unter dem Namen Conrad Mollenhauer weiterführte.
Die Blockflöte erlangte in der jungen, aufstrebenden Bundesrepublik eine ungeahnte Popularität. Die hohe Nachfrage wurde zusätzlich von der Tatsache gestützt, dass die produktionsstarken Instrumentenbauwerkstätten im Vogtland – bedingt durch die Teilung Deutschlands – zunächst nicht am westdeutschen Markt teilhaben konnten. Einige der von dort geflohenen Instrumentenmacher fanden bei Thomas Mollenhauer Aufnahme. Gemeinsam mit ihnen entwickelte er Produktionstechniken, die im wieder aufgenommenen Instrumentenbau von Beginn an handwerkliche und industrielle Fertigung kombinierte.
Gleich zu Anfang seiner Geschäftstätigkeit ging Thomas Mollenhauer eine Kooperation mit dem Musikverlag Bärenreiter ein, für den er Blockflöten in großen Stückzahlen fertigte. Außerdem fanden auch die Modelle Student und Solist, die er unter seinem eigenen Namen verkaufte, regen Anklang.
Eher unbewusst wurde mit der Entscheidung für den erneuten Bau von Blockflöten eine Brücke zu den Anfängen des Unternehmens geschlagen. Der Firmengründer Johann Andreas Mollenhauer hatte, wie oben geschildert, bei Franz Schöllnast in Bratislava den Csakan und das Flageolett kennen gelernt und solche Blockflöten später in seiner eigenen Werkstatt in Fulda mehrfach hergestellt.
Im Sinne dieser Familientradition steht der Name Mollenhauer geschichtlich heute für die mit weitem Abstand am längsten dem Blockflötenbau zugewandte Werkstätte.
Thomas Mollenhauer
1908–1953
Rosel Mollenhauer
1911–2002
Doch leider verstarb Thomas Mollenhauer im Jahr 1953 viel zu früh im Alter von 45 Jahren. Auf der Grundlage seiner Vorarbeit gelang seiner Frau Rosel Mollenhauer geb. Plappert (1911–2002) zusammen mit den Mitarbeitern die Entwicklung des Namens MOLLENHAUER zu einem Markennamen. Als ich, Bernhard Mollenhauer (geb. 1944), 1961 in das Unternehmen eintrat, zählten inzwischen über sechzig Menschen zu den Mitarbeitern des Hauses – und das, obschon zur handwerklichen Fertigung längst auch moderne technische Produktionsmethoden hinzugekommen waren und ständig verbessert wurden. Bedauerlicherweise verlor sich mit den Jahren das Interesse an der Weiterentwicklung der Böhmflöten, Klarinetten und Oboen, feste Bestandteile des Sortiments meiner Vorgänger. Wohl bauten wir noch bis zum Jahr 1997 mit einigem Erfolg neue Böhmflötenmodelle aus Silber und Gold, doch der Großteil der Bemühungen galt jetzt den Blockflöten, die seither immer qualitätsvollere Ausgestaltungen erfahren, etwa in Anlehnung an bekannte Blockflötenbauer der Renaissance- und Barockzeit wie Kynseker und Denner, aber ebenso durch innovativen Neuentwicklungen. Dabei geht es auch immer wieder um Instrumente mit hilfreichen Klappenkombinationen zum entspannten Greifen bis hin zu Einhandmechaniken für Menschen mit Behinderungen. Außerdem entwickelte sich in unserem Hause seit den 70er Jahren eine rege Seminartätigkeit zu pädagogischen, künstlerischen und instrumentenbauerischen Themen rund um die Blockflöte.
Bernhard Mollenhauer *1944
Flötenbaumeister